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Life beyond Tax – Ökologisches Grundeinkommen

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Auch eine nachhaltig konzipierte Wirtschaftsordnung muss effizient sein. Die Preise müssen die dahinter stehenden sozialen und ökologischen Kosten abbilden. Dies darf jedoch nicht einseitig zu Lasten ärmerer Bevölkerungsschichten gehen. Im ersten Teil meines Beitrages wird gezeigt, wie mit einem ökologischen Grundeinkommen dieser Spagat gemeistert werden kann. Werden Umweltabgaben aber für ein ökologisches Grundeinkommen verwendet, darf der Staat dadurch nicht in Finanznot geraten – dies gilt umso mehr, als eine nachhaltige Ökonomie einen radikalen Umbau der Infrastruktur (Transport, Elektrizität etc.) erfordert. Im zweiten Teil des Beitrages, welcher in einer Woche erscheint, wird ein effizientes und effektives Finanzsystem skizziert, das auf der Abschöpfung von sog. „ökonomischen Renten“ basiert. Der dritte Teil des Beitrages erscheint in zwei Wochen und stellt ein Plädoyer für eine Kopplung von Nutzen und Kosten auch bei der Staatsfinanzierung sowie für eine Rückbesinnung auf alte ökonomische Erkenntnisse dar, die auf die physiokratische Schule zurückgehen, aber in der heutigen Mainstream-Ökonomie verlorengegangen sind.

Abgaben mit negativen Zusatzlasten

Öko-Abgaben belasten und beschränken Aktivitäten, bei denen die sozialen Kosten höher als die sozialen Nutzen sind (dies ist der Grundgedanke der sog. „Pigou-Steuer“). Die Rückführung solcher Aktivitäten bezeichnet man als „negative Zusatzlasten“ von Abgaben. Hierzu zählen auch „Staugebühren“, die erhoben werden können, um zeitweise Überlastungen der Infrastruktur zu vermeiden (wie die z.B. in Stockholm oder London erhobene „City-Maut“; vgl. Sachverständigenrat im BMWi 2014).

Im Gegensatz zu einer weit vertretenen Meinung sollten allerdings derartige Abgaben wie oben bereits erwähnt nicht unmittelbar in den Staatshaushalt fließen – auch nicht zur Finanzierung „ökologischer Projekte“. Denn einmal entstehen so kontraproduktive Anreize für die staatlichen Instanzen: Sind diese auf solche Finanzmittel angewiesen, ist möglicherweise der Anreiz zu gering, z.B. eine unzumutbare Umweltbeeinträchtigung oder den strukturellen Infrastrukturengpass zu beseitigen. Zum Zweiten würden die Finanzmittel dann versiegen, wenn die Politik von Erfolg gekrönt wäre. Drittens – und das wird in einem gesonderten Beitrag dargestellt – benötigt man die betreffenden Mittel gar nicht, wenn die ökonomischen Renten konsequent abgeschöpft werden. Heutzutage gehen jedoch die – mäßig angesetzten – Abgaben mit negativen Zusatzlasten in den Staatshaushalt ein (z.B. die „Öko-Steuer“).

Ökologisches Grundeinkommen

Abgaben mit negativen Zusatzlasten, wie die Öko-Abgaben, sind auf den/die Verbraucher/in überwälzbar – sie sollen es sogar sein, um die beabsichtigten Lenkungseffekte zu erreichen. Eine weitere Funktion von „Öko-Abgaben“ ist es, die Allgemeinheit für den ihr durch eine nicht-ökologische Produktionsweise zugefügten Schaden (Entwertung der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden oder Kapital) zu kompensieren. Wenn die betreffenden Abgaben aber den Staatshaushalt speisen, ist dies nicht möglich. Aus diesem Grunde und weil die Finanzierung des Staates durch solche Abgaben unzweckmäßig ist, liegt es nahe, die betreffenden Einnahmen als ökologisches Grundeinkommen an die Bürger/innen wieder auszuschütten. Durch eine gleichmäßige Ausschüttung pro Kopf wird ein Zuteilungseffekt (Allokationseffekt) mit einem Verteilungseffekt verknüpft:

  • Verbraucht ein Bürger mehr Umwelt als der Durchschnitt seiner Landsleute, zahlt er mehr Abgaben, bekommt aber nur ein durchschnittliches Aufkommen zurück. Per Saldo zahlt er drauf.
  • Liegt ein Bürger mit seinem Umweltverbrauch im Durchschnitt, zahlt er so viel, wie er wieder zurückbekommt.
  • Ist der Umweltverbrauch eines Bürgers geringer als der Durchschnitt, bekommt er mehr als die Einzahlung zurück. Er profitiert.

Durch die Rückverteilung wird der Einkommenseffekt der abgabenbedingten Preiserhöhungen kompensiert. Zwar steigen die Preise durch die Öko-Abgabe, wodurch das Einkommen der Bürger/innen zunächst zurückgeht, über ein ökologisches Grundeinkommen wird diese Einkommenseinbuße jedoch wieder ausgeglichen. Was bleibt, ist lediglich der gewünschte Substitutionseffekt. Wenn beispielsweise die Abgaben steigen, steigt der Anreiz zu einem sparsamen Umgang mit dem Umweltgut, gleichzeitig erhöht sich aber auch das Grundeinkommen. Umweltpolitik wirkt so – anders als heute – nicht regressiv, belastet also die geringen Einkommen nicht stärker als die höheren Einkommen und lässt sich daher leichter auf demokratische Weise durchsetzen.

Und wie sieht der Status quo aus? Ein Grundeinkommen wird zwar „in der Szene“ diskutiert, aber vollkommen anders als hier skizziert. Propagiert werden zumeist Vorschläge, die sich an dem u.a. von Götz Werner (2007) vertretenen „bedingungslosen Grundeinkommen“ orientieren. Ein ökologisches Grundeinkommen ist aber etwas vollkommen anderes. Das bedingungslose Grundeinkommen entkoppelt Einkommen (Nutzen) und Arbeit (Aufwand) voneinander und hat v.a. eine arbeitsmarktpolitische Orientierung. Das ökologische Grundeinkommen zielt hingegen auf die Umwelt und koppelt dabei konsequent Nutzen und Kosten: Wer die Umwelt überproportional auf Kosten anderer Menschen in Anspruch nimmt, soll an diese bezahlen. Wer zugunsten anderer auf Umweltnutzungen verzichtet (sog. „Opportunitätskosten“), soll dafür auch entlohnt werden. Somit wird das Prinzip der gleichmäßigen Teilhabe an den Umwelt und Natur, die der Mensch ja nicht geschaffen hat, verwirklicht.


Literatur:

Werner, G. (2007): Einkommen für alle, Köln.

Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2014): Engpassbasierte Nutzerfinanzierung und Infrastrukturinvestitionen in Netzsektoren, 26.9., Berlin.

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