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Studieren an der Cusanus Hochschule: Aufbruch zum Wandel der Hochschullandschaft

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„Der freie Geist bewegt sich selbst“: Der Namensgeber der Cusanus Hochschule, Nikolaus von Kues, verstand Bildung bereits im 15. Jahrhundert als Befähigung zum eigenständigen Denken. In diesem Geiste möchte die frisch gegründete und staatlich anerkannte Hochschule in Bernkastel-Kues, Geburtsort des Cusanus, wirken. Sie möchte ein Bildungs- und Lernort sein, der Studierende befähigt, unbewusste Denkweisen und gesellschaftliche Gewohnheiten sichtbar zu machen, zu reflektieren und darauf aufbauend eigene Entscheidungen im Bewusstsein sozial-ökologischer Verantwortung zu treffen und ethisch zu handeln.

In Zeiten, in denen sich ein Studium (insbesondere der Wirtschaftswissenschaften) meist mehr um das Sammeln von ECTS Punkten und um den Erwerb von Schlüsselkompetenzen zur größtmöglichen Vermarktbarkeit der eigenen Arbeitskraft dreht als um eine Bildung im humanistischen Verständnis, ist die Cusanus Hochschule eine Besonderheit. Doch im Hinblick auf die gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart und der Diskussion um die Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation, sind ihre Gründerinnen und Gründer davon überzeugt, dass es tatsächlich eines grundlegenden Wandels in der Bildungs- und Hochschullandschaft bedarf.

Der Gründungsgedanke der Cusanus Hochschule, Freiräume für eine freie, verantwortungsbewusste Bildung zu schaffen, spiegelt sich in der inhaltlichen Konzeption der beiden Masterstudiengänge Philosophie (M.A.) und Ökonomie (M.A.) wider, deren Präsenzveranstaltungen als Blockseminar organisiert sind und die zum Wintersemester 2015/16 starten werden. Der Master in Philosophie wird dabei mit dem Schwerpunkt „Konzepte von Spiritualität“ und der Master in Ökonomie mit den Schwerpunkten „Gesellschaftsgestaltung“ und „Wirtschaftsgestaltung“ angeboten.

Als grundlegend für die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung und Mitgestaltung wird in allen Studiengängen der Cusanus Hochschule die Auseinandersetzung mit der persönlichen sowie kulturellen Biographie gelehrt. Dies erfolgt insbesondere in den Studia humanitatis, die das gemeinsame Herzstück der Studiengänge bilden. Die Studia humanitatis werden von den Masterstudierenden der Philosophie- und Ökonomiejahrgänge gemeinsam besucht und sollen im interdisziplinären Dialog eine Reflektion der eigenen Rolle innerhalb der Gesellschaft und der natürlichen Welt ermöglichen und eine Gestaltung in bewusster Verantwortung anregen.

In den jeweiligen fachspezifischen Kernmodulen der Studiengänge wird die intensive Auseinandersetzung mit der Kulturgeschichte und den Denktraditionen verschiedener Epochen und geografischer Räume vertieft und zugleich um wesentliche Perspektiven erweitert. So analysieren die Studierenden im Modul „Wirkungsforschung“ des Masters Ökonomie beispielsweise die politischen und sozialen Folgen ökonomischer Denkkonzepte und deren Verbreitung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Weitere Inhalte sind etwa die Erforschung von Formen ökonomischer Macht und ihrer speziellen Techniken, Institutionen und Rahmenbedingungen im gegenwärtigen Kapitalismus ebenso wie die Formulierung von gestalterischen Alternativen (bspw. Solidarische Ökonomie, Postwachstum, Commons etc.).

Das Studium an der Cusanus Hochschule eröffnet darüber hinaus Freiräume, um eigene thematische Anliegen zu bearbeiten. So lernen Studierende etwa in einer Forschungswerkstatt, eigene Fragestellungen zu konkretisieren und wissenschaftlich zu fundieren. Sodann werden sie mit diesen Fragen in Forschungs- und Praxisprojekten forschend tätig und hinterfragen in diesem Rahmen zugleich ihre eigene wissenschaftliche Tätigkeit, deren Wirksamkeit und Bedeutung für die Gesellschaft sowie die damit einhergehende Verantwortung. Beispiele hierfür reichen von der Frage nach gesellschaftlichen Finanzierungsmodellen in der Alterssicherung über die Untersuchung von Kommunikations- und Entscheidungsprozessen in solidarischen Landwirtschaften bis hin zur Frage, welche Grundwerte die Akteure der Degrowth Bewegung in ihren Visionen einer Postwachstumsgesellschaft teilen. Die Studierenden können dabei eng mit Partnern aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Politik oder Wissenschaft kooperieren, so dass konkrete Umsetzungsformen der Verknüpfung von Theorie und Praxis, von Denken und Handeln erfahrbar werden. Die Cusanus Hochschule baut hierfür ein eigenes Netzwerk bestehend aus wissenschaftlichen Einrichtungen, NGOs, Stiftungen und weiteren Akteurinnen und Akteuren auf.

Eine weitere Besonderheit der Cusanus Hochschule ist, dass sich ihr Bildungsverständnis nicht nur im Inhalt ihrer Studiengänge (zu denen im nächsten Jahr die beiden Bachelorstudiengänge „Philosophie und Unternehmensgestaltung“ und „Ökonomie und Unternehmensgestaltung“ hinzukommen werden) spiegelt, sondern auch in ihrer Form, d.h. in ihrer Hochschulstruktur und -kultur. So ist es etwa entgegen dem Wachstumsdrang vieler Hochschulen und der damit einhergehenden Konkurrenz und dem Druck unter Studierenden, ihr Ziel, eine kleine Hochschule zu bleiben, die sich durch ein Studium in kleinen Gruppen bis max. 25 Personen und einer fortwährenden persönlichen Begleitung der Studierenden durch die Lehrenden auszeichnet. So sollen die Jahrgangsgemeinschaften zu wirklichen Orten zwischenmenschlicher Begegnung und Inspiration des gemeinsamen Lernens, Austauschs und der gegenseitigen Reflektion werden. Bildung kann so als gemeinschaftlicher Prozess erlebbar werden, in dem das Teilen von Erfahrungen und Wissen als eine Bereicherung für die Gemeinschaft verstanden wird und einen Beitrag zu einer multiperspektivischen, pluralen Bildung leistet. Über die Jahrgangsgemeinschaften hinaus begreift sich die gesamte Hochschule als Gemeinschaft von Studierenden, Mitarbeiter_innen, Lehrpersonen und Schenker_innen (d.h. Menschen, die uns finanziell unterstützen, ohne einen direkten Gegenwert zu erwarten). Zusammen wollen wir an Visionen und Praktiken für eine gesellschaftsrelevante Bildung sowie deren Weiterentwicklung und kritischen Überprüfung arbeiten.

Ob eine solche Initiative Akzeptanz in der deutschen Hochschullandschaft findet und bestehen bleiben kann, muss sich in den kommenden Jahren erweisen. Die anstehenden Herausforderungen sind nicht zuletzt auch finanzieller Art. Die Hochschule ist eine staatlich anerkannte Hochschule in freier Trägerschaft. Ihre Kosten werden weder aus öffentlichen Zuwendungen noch durch einen Großsponsor oder -investor gedeckt. Vielmehr ist die Hochschule auf Studienbeiträge einerseits und Spenden und Schenkungen von Privatpersonen, Unternehmen und Organisationen andererseits angewiesen, die eine wirklich freie Bildung ermöglichen wollen. Zusammen bilden diese eine Schenkgemeinschaft, welche über die finanzielle Unterstützung hinaus auch einen Raum des Austausches zu gesellschaftlichen Bildungsfragen und gemeinsamen Lernens schafft

Um die Einflussnahme von externen Geldgebern auf Lehre und Forschung an der Cusanus Hochschule zu vermeiden, wurde eine besondere rechtliche Konstruktion eingerichtet, durch die sich die Hochschule, vereinfacht gesagt, selbst gehört. Um den Zugang zur Hochschule so unabhängig von finanziellen Mitteln wie möglich zu machen, arbeiten die Cusanus Studierendengemeinschaft e.V. und die Cusanus Hochschule intensiv zusammen. Die Hochschule vergibt forschungsthemenbezogene Individualstipendien, während die Studierendengemeinschaft ein System zur Vergabe von Jahrgangsstipendien entwickelt. Letzteres soll einen geschützten Gesprächsraum innerhalb der Studierendengemeinschaft für die Frage nach der Finanzierung des Studiums schaffen und unter anderem durch aktive Alumniarbeit und dem Aufbau einer Fördergemeinschaft die finanzielle Unterstützung von Studierenden ermöglichen. Damit wird die Herausforderung, das eigene Studium zu finanzieren, selbst zu einer Bildungserfahrung und bietet einen Übungsraum zur Wirtschafts- und Gesellschaftsgestaltung für alle Beteiligten. Dabei werden Engagement, Vertrauen und Kooperation gefragt sein, um noch vielen zukünftigen Studierenden der Cusanus Hochschule eine Form der Bildung im Geiste des Nikolaus von Kues zu ermöglichen – eine Bildung, die nicht gefangen im Paradigma des Wirtschaftswachstums auf eine alleinige Verbesserung des Humankapitals abzielt, sondern Menschen dazu befähigt, eigene Handlungen und Denkweisen zu hinterfragen, ihre Umwelt proaktiv und in sozialer Verantwortung mitzugestalten und somit Impulse für einen gesellschaftlichen Wandel zu setzen vermag. Kurz: es geht um eine neue Vision einer Bildung für nachhaltige Entwicklung und deren konkreten Umsetzung im Hochschulalltag der Gegenwart. Wer mitmachen und mitgestalten möchte, ist herzlich eingeladen: Es sind noch Plätze in den beiden Masterstudiengängen für das Wintersemester 2015/16 frei.


Weitere Informationen unter www.cusanus-hochschule.de

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